Bei Markus Weins steht der Lesernutzen im Mittelpunkt 

Kurz. Gut. Gratis: Der Lesernutzen ist das Motto des FFI-Verlags. Sein Thema: Kanzlei-Management-Infos. Der Dienst wird von Partnern aus der Wirtschaft finanziert. 
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Den Lesernutzen immer im Fokus: Markus Weins, Foto: Sylke Gall

Kurz. Gut. Gratis: Der Lesernutzen ist das Motto des FFI-Verlags und seines Eigentümers Markus Weins. Er hat sich auf Kanzlei-Management-Infos für Anwälte und Steuerberater spezialisiert. Der Dienst wird von Partnern aus der Wirtschaft finanziert. 

DAS GESCHÄFTSMODELL: BUSINESS-TIPPS FÜR KANZLEIEN

Der FFI Verlag (FFI steht für Freie Fach-Information) sieht sich als Fachverlag für Anwälte und Steuerberater. Seit der Gründung 2015 hat er sowohl die Mandatsträger selbst als auch deren Angestellte und Studierende im Blick. Auf Print verzichtet Markus Weins: “Was wir machen, ist rein digital. Wir geben über Websites und PDF-Broschüren Hilfestellung, wie die Kanzleien ihren Job besser machen können.” Immer mit hohem Lesernutzen. 

Es geht also nicht um die Kerntätigkeit der Anwälte, sondern um das Handling – also den betriebswirtschaftlichen Part. Für die Nutzer ist alles gratis. Dafür nimmt Weins Partner mit ins Boot, deren Geschäft Lösungen für Kanzleien sind: Software-Anbieter, Banken, Versicherungen. “Unsere Partner werben in unserem redaktionellen Umfeld für ihre Angebote und daraus erzielen wir dann die Umsätze, um unsere Kosten zu decken.” 

Diese Geschäftsidee hat Weins bereits bei seinen vorherigen Tätigkeiten entwickelt. Der Marketingexperte hatte zwischen 2009 und 2015 beim Deutschen Anwaltverlag als Marketing- und Vertriebsleiter gearbeitet. “Da hatten wir bereits die ersten zarten Anfänge gemacht, aus der Motivation heraus, weitere Zielgruppen zu erschließen. Wir wollten also nicht nur an die Anwälte herangehen, sondern auch an die Werbetreibenden. Das waren so zwei, drei erste Broschüren. Da hat es angefangen.”

Doch Markus Weins sah schnell, dass da noch viel mehr möglich ist. Und aus dieser Erwartung heraus entschloss er sich 2015, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. “Ich wollte es einmal selbst versuchen, einen Verlag zu gründen.” Mit einem Ein-Mann-Unternehmen fing er 2015 an. Daraus sind bis jetzt sieben Mitarbeiter*innen geworden: Jedes Jahr kam ein neuer Mitarbeiter dazu. 

Das Team des FFI-Verlags
Das Team des FFI-Verlags v.l.n.r.: Markus Weins (Geschäftsführung), Nadia Neuendorf (Leitung Produktmanagement), Jasmin Kröner (Junior-Produktmanagerin), Doris Weins (Buchhalterin), Verena Schillmöller (Junior-Produktmanagerin), Anja Christmann (Junior-Marketingmanagerin) und Jessica Schafran (Assistenz Marketing und Vertrieb).
Foto: FFI-Verlag

PLÖTZLICH SELBSTÄNDIG

Natürlich hätte er das Kanzlei-Management-Thema auch als Angestellter ausbauen können. Doch er hatte längst mehr vor: Einmal ging es beim Anwaltverlag ausschließlich um die Anwälte, eine Ausweitung auf die Steuerberater wäre nicht möglich gewesen. Dazu, so erklärt er: “Ich will die richtigen Sachen gern richtig machen. Und das funktioniert als Angestellter nicht so frei.” 

“Das Kerngeschäft des Anwaltverlags ist nun einmal, Bücher und Zeitschriften zu verkaufen und mein Modell ist halt ein anderes.” Die ersten zwei Jahre hat Weins dann auch noch mit dem Anwaltverlag zusammengearbeitet. Er sieht den FFI-Verlag auch inhaltlich nicht als Konkurrenz. “Fachverlage tun sich sehr schwer, Kanzleimanagement-Themen zu verkaufen.” Zu Themen wie Marketing oder Mitarbeiterführung kaufen Anwälte keine teuren Bücher. Insofern sieht Markus Weins seinen FFI-Verlag als “ergänzendes Angebot und das geht nur gratis”.

Der Wechsel in die Selbständigkeit war ein Sprung ins kalte Wasser. Am wenigsten noch wirtschaftlich: “Bei meinen Arbeitgebern gab es eine offene Firmenphilosophie, was die Wirtschaftlichkeit angeht, aber wie man ein Buch macht, wusste ich nicht.” Das war allerdings auch nicht so dramatisch, “wir haben ja nichts Gedrucktes. Wir brauchen keinen Drucker, keinen Hersteller, kein Lager, keinen Vertrieb. Das macht einen Verlag kompliziert.” 

Am Anfang hatte Markus Weins nicht mal Webseiten, die kamen erst nach drei Jahren dazu. Gestartet ist er mit PDF-Broschüren. Und zu Beginn hat er sogar “mit dem Layout des Anwaltverlags losgelegt”. 

DER LESERNUTZEN STEHT IM MITTELPUNKT – WIRKLICH

Das, worum er sich von Anfang an kümmerte, und das ist für ihn “ganz zentral”, war, dass der FFI Verlag in erster Linie leserorientiert ist. “Das grenzt unsere Firma von den meisten anderen ab.” “Die meisten anderen Verlage”, resümiert Markus Weins, “wollen in erster Linie Geld verdienen. ich glaube nicht, dass das der beste Weg ist.” Was dann? “Wir sind leserorientiert, nicht kundenorientiert.” Und was das für ihn bedeutet, erklärt Markus Weins gern am “3×3-Konzept” von Winfried Ruf, dem früheren WEKA-Geschäftsführer und Doyen der deutschen Fachverlagsmanager: 

“Wir sind ein leserorientierter Verlag. Das erste, was wir uns fragen, ist: Für wen mache ich das eigentlich? Dann frage ich: Was will der Leser lesen? Wo hat der einen Bedarf? Wo hat er eine Sorge? Wo drückt ihn der Schuh? Was hat er für Probleme? Dann erst suche ich den passenden Autor.” 

Das 3×3-Verfahren zurEntwicklung von Verlagsobjekten

Unter diesem von ihm urheberrechtlich geschützten Begriff hat Winfried Ruf, der ehemalige Geschäftsführer der WEKA-Verlagsgruppe, in den 1990er-Jahren eine Theorie des Verlagsmarketing vorgestellt und dazu zahlreiche Seminare durchgeführt. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist dabei der Kunde, an dem entlang Ruf seine neun Fragen stellt und damit das gesamte Aufgabenfeld von der Produktentwicklung bis zur Vermarktung von Verlagsprodukten erschließt. Winfried Ruf ist seit kurzem im Ruhestand, das gleichnamige Buch nur noch antiquarisch erhältlich..

3. Was will der Kunde haben?

8. Mit welcher Werbe-Botschaft?

4. Was wir ihm dazu liefern?

2. Was macht der Kunde, was ist sein Leidensdruck?

9. Zu welchem Preis?

5. In welcher Aufbereitung?

1. Wer ist der Kunde?

7. Wie kommt das Produkt zum Kunden?

6. Auf welchem Medium?

Und so funktioniert das in der Praxis: Der erste Infodienst, den Weins aufgebaut hat, das war “MKG”, als Abkürzung für “Mit kollegialen Grüßen”. Schließlich wusste er aus Befragungen, dass junge Juristinnen und Juristen oft organisatorische Anlaufschwierigkeiten haben. “Fachlich sind die gut, aber wie man Mandanten gewinnt, wie man eine Abrechnung macht, wo die Haftungsrisiken sind, das ist für viele ein schwieriges Feld.” 

Und so war das erste, was Markus Weins als Verleger tat, dass er ein zweimonatiges Periodikum zu dem Thema herausbrachte. “Ich habe Autoren angesprochen, die sich in diesen Gebieten auskennen, und habe die gebeten, schreib doch mal zwei Seiten ganz kurz und knapp deine Empfehlungen. Mit kollegialen Grüßen heißt: Erfahrene Juristen beraten junge Juristen.” 

Und so läuft das im Prinzip heute noch. Das Feld ist schließlich noch weit: “Da gibt es Juristen, die nicht wissen, dass ihr Kopierer alle Scans auf einer Festplatte speichert. Und wenn der Drucker an den Leasinggeber zurück geht, dann gehen die ganzen Akten mit raus.” Im zweiten Schritt, ja, das sieht er auch so, “ist die Kunst natürlich noch zu gucken: Gibt es da Partner, die dafür Lösungen liefern und unsere Arbeit finanzieren. Aber erstmal fragen wir uns, was brauchen Anwälte und Steuerberater, das ist unsere Orientierung.”

REPRÄSENTATIV ZUM THEMEN-PORTFOLIO

Wie funktioniert das nun ganz konkret mit der Leserorientierung? Da hat Markus Weins ein klares Konzept: “Zunächst gibt es die Umfragen auf den Webseiten. Wir haben insgesamt elf Webseiten. Wenn Sie z.B. auf mkg-online.de gehen oder auf legal-tech.de, da haben wir regelmäßig Umfragen.” 

Ein- bis zweimal im Jahr macht er zudem eine größere Umfrage: “Da kontaktieren wir per Mail junge Anwältinnen und Anwälte und laden sie zu einer Umfrage ein. Wir geben dann 50 Themenvorschläge vor, die wir zusammengetragen haben, und fragen, was davon für den Befragten relevant ist. Und wenn Sie eine ausreichende große Anzahl an Befragten motivieren, da mitzumachen, dann ist das repräsentativ.” Und das schaffen er und sein Team immer besser: Mittlerweile werten sie pro “großer Umfrage” 400 bis 500 Antworten aus. Und die vorderen 10 aus den vorgeschlagenen 50 Themen werden dann umgesetzt. 

Immer wieder spannend sei es dabei, Trends und Verschiebungen bei den gefragten Themen zu sehen. Aktuell “brennt” zum Beispiel das “beA”, das besondere elektronische Anwaltspostfach, das jahrelang auf den hinteren Plätzen döste. “Aber plötzlich, weil es jetzt da ist, ist es für unsere Zielgruppe superinteressant.” Gleichzeitig platziert der FFI-Verlag auch offene Fragen. Und dazu kommen die Themen in den Topf, die auf den Webseiten gut laufen. 

Mit Webseiten hat Markus Weins erst 2017 angefangen, heute ist er ganz begeistert: “mkg-online hat heute 25 000 Zugriffe, vor zwei Jahren waren es weniger als 10 000.” Dabei ist das keine Seite, die sich auf einige wenige Keywords optimieren lässt: “Bei legal-tech.de können Sie auf drei, vier Keywords optimieren, damit Sie im Google-Ranking nach vorn kommen. Bei mkg-online gibt es aber nicht drei, sondern 500 Schlüsselwörter.” Bei denen, freut er sich, “sind wir dann oft auf der ersten Suchseite oder gar unter den ersten drei und bekommen dadurch viel relevanten Traffic ab.” Und das ist für ihn “ein sehr einfaches Mittel, um herauszufinden, ob die Redaktion die Wünsche der Leser trifft.”  

FINANZIERUNG AUSSCHLIEßLICH ÜBER PARTNER

Alle Welt spricht von Reader Revenue – doch Markus Weins gibt alles gratis raus. “Frei” steht bei ihm bereits im Firmennamen. Und dieses “Frei” ist gleich dreifach belegt: Es geht um freie Berufe, Kostenfreiheit und Unabhängigkeit.

Zahlen muss natürlich trotzdem jemand, und das sind die Partner. Dabei ist Markus Weins eins extrem wichtig: “Wir verkaufen keine Redaktion. Man kann sich bei uns nicht einkaufen.” Okay, er lässt auch Autoren zu, die aus Unternehmen sind.” Aber da gibt es strikte Vorgaben, das muss nützlich sein und werbefrei.” Und Geld vom User statt von Partnern nehmen? “Das ist einfach nicht unser Geschäft. Wir haben es mal probiert, Webinare für Geld anzubieten. Das haben wir dann aber wieder aufgegeben.”

Dabei kommt ihm eines zugute: “Unser Streben gilt nicht dem Wachstum. Weder personell noch beim Umsatz noch beim Gewinn. Unser Streben ist eher, die Sachen, die wir machen, noch besser zu machen.” Auch dazu hat er übrigens die passende Theorie parat: das Pareto-Prinzip, auch 80:20-Regel genannt. “Uns reicht es, wenn wir 80 Prozent des Möglichen erreichen. Die letzten 20 Prozent dauern einfach zu lange.”

WER ZAHLT, STEHT VORN – ABER NIE GEGEN DEN LESERNUTZEN

Ist die Finanzierung durch Partner nicht manchmal schwierig? Partner wollen doch Alleinstellung? Und Rankings verbieten sich wohl auch, wenn einer zahlt. Wie löst er das? “Bei unseren Verzeichnissen ist der Grundeintrag kostenfrei. Alle von der Redaktion ausgewählten Anbieter werden neutral beschrieben und alphabetisch gelistet. Und wenn jemand eine Anzeige schaltet, dann kommt er ganz nach vorn.” 

Da verfolgt der FFI-Verlag offenbar eine ähnliche Inserats-Strategie wie Amazon und Booking.com: Wer zahlt, steht vorn. Und ein ansprechendes Layout bekommt er natürlich auch. Mehr jedoch nicht: “Der Text ist immer von uns. Texte sind stets neutral. Und vermeiden, was zum Nachteil des Lesers wäre.” 

Und was geschieht, wenn sich für ein Thema genügend User, aber kein Sponsor findet? Dann setzt der FFI-Verlag um, “was unsere Leser eingefordert haben”. Die Themen werden “nicht kundenorientiert” aufgestellt. Und das Wort Sponsor verwendet Markus Weins in dem Zusammenhang auch nicht, “denn die Partner unterstützen ja nicht uns, sondern sie werben in einem passenden redaktionellen Umfeld für eine Lösung, die an dieser Stelle gebraucht wird.” Noch mal konkret gefragt: Was geschieht, wenn sich kein Partner findet? “Wir haben auch mal Broschüren, in denen keine Werbung stattfindet. Das halten wir aber aus.”

“BITTE UNTERSCHÄTZEN SIE DAS PDF NICHT”

Wo immer man beim FFI-Verlag hinschaut: Es ist der kaufmännische, nicht der technische Blick, der die Dinge entwickelt. So ist Markus Weins von vornherein ausschließlich digital unterwegs. Aber am Anfang ist er mit der wohl analogsten Form des Digitalen gestartet: mit PDFs. Die PDF, konzediert er, sind “sehr printaffin. Dafür braucht man die gleichen Leute wie im Printbereich, man arbeitet auch mit Indesign.” 

Dann aber hat er auch Webseiten dazu genommen. Aber Broschüren macht er ebenfalls weiter. “Unsere Broschüren sind PDFs. Bitte nicht unterschätzen und nicht die Nase rümpfen, die PDFs haben einen Riesenvorteil: Jeder hat einen PDF-Reader und jeder kann PDFs ausdrucken, wenn er nicht am Bildschirm lesen will.” Ob das PDF-Format in die Zeit passt, interessiert ihn nicht. Ich habe keine Vorgabe, wie ich die Dinge zum Kunden bringen will. Ich will auch niemanden bekehren, ich will nur dass es funktioniert. Ich will, dass wir die Informationen so liefern, dass sie von möglichst vielen Kanzleien gelesen werden können.” 

DER PUSH- UND DER PULL-KANAL

Wann setzt er Webseiten ein, wann PDFs? “Die PDFs sind für uns der Push-Kanal.” Damit kommen wir in die Kanzleien rein, auch wenn die Kanzlei das Thema aktuell noch gar nicht auf dem Schirm hat. Webseiten macht er dagegen zu Themen, die gesucht werden: “Das ist der Pull-Kanal.” Und wieder ein Hinweis auf das 3×3-Prinzip von Wilfried Ruf: “Das ist übrigens Feld 6: die Darreichungsform.”  

Neben den Usern und den Kunden, also den werbetreibenden Partnern, gibt es für Markus Weins noch “eine ganz wichtige weitere Zielgruppe”: Das sind die Verbreiter. Er selbst, so gibt er zu, hat “gar nicht so viele E-Mail-Adressen von Anwältinnen und Anwälten. Wir versuchen Verbreiter zu finden, die entweder Kunden oder Mitglieder haben. Und die bereit sind, unsere Broschüren zu nehmen und ihren Kunden zu schenken.” 

Die Distribution besetzt übrigens bei Wilfried Ruf Feld 7: Vertrieb. Und den organisiert Markus Weins wie alles andere: streng regelkonform. “Wie kommt das Produkt am einfachsten vom Verlag zum Leser? Da haben wir z.B. große Verlagsbuchhandlungen wie beck-shop, Schweitzer oder Sack, die uns verbreiten. Und auch mehrere Anwaltsvereine – den Kölner, den Münchner und den Hamburgischen. Das ist also unser Push-Kanal.”

„PLÖTZLICH STANDEN WIR IM GOOGLE-RANKING OBEN“

Und irgendwann kamen er und seine Mitarbeiter darauf, dass man auch eine Webseite machen könnte, um den Lesernutzen noch mehr zu befriedigen. “Unsere erste Webseite war Kanzelimarketing.de. Das Thema ist superinteressant, verkauft sich aber als Buch eher schlecht. Ich habe einfach gesucht, wer ist am fittesten redaktionell, und ich habe die Rechtsanwältin Pia Löffler gefunden, die ist bis heute Herausgeberin von kanzleimarketing.de. Und mit ihr zusammen haben wir dann die Webseite gebaut.”

Das erste, was Markus Weins dabei wichtig war, war “eine gute Domain. Und die beste ist natürlich kanzleimarketing.de. Mit und ohne Bindestrich.” Eine Variante war noch frei, die andere war im Besitz eines Anwalts in Saarbrücken. Damals konnte man glücklicherweise noch ermitteln, wem die Domains gehören. “Den habe ich dann angerufen, habe ihm erzählt, was wir vorhaben. Dann sagte er mir, einmal im Monat bekomme ich eine Anfrage per Mail, ob ich die Domain noch brauche, aber Sie sind der erste, der anruft. Dann haben wir uns schnell auf einen bezahlbaren Preis geeinigt. Da hatte ich beide Domains.” 

Der Rest war überraschend einfach: “Pia Löffler hatte jemanden an der Hand, der die Webseite bauen konnte. Als das gut klappte und als wir plötzlich im Google-Ranking oben standen, da haben wir gemerkt, was das eigentlich bedeutet. Wir hatten davor nicht geplant, Webseite zu bauen, aber gemerkt, wie uns das voranbringt, wenn Leute, die aktiv nach dem Thema suchen, auf uns stoßen. Und das ist nicht nur für uns schön, sondern auch für die Partner.” Nach dem Prinzip wurden weitere Webseiten gebaut: “MKG” lag natürlich nahe, “Legal-Tech” auch. Mittlerweile sind es elf.

MANAGEMENT BY TRY AND ERROR

 Aber, das gibt Markus Weins offen zu, “wir haben auch Webseiten wieder aufgegeben. Es muss auch irgendwie funktionieren. Webseiten sind Try and Error, manche starten durch und andere nicht.”

Das gleiche gilt auch für die Zielgruppen. Der Firmenname suggeriert das Interesse an allen freien Berufen, aber Informationen für Ärzte und Architekten sind im Moment nicht im Portfolio. Ärzte hat er versucht, “aber das ist halt eine ganz andere Klientel. Irgendwann muss man sich entscheiden. Die Steuerberater gehen wir jetzt ernsthafter an als in der Vergangenheit, aber da sehen wir bereits, dass das funktioniert. Die haben sehr viel mit den Anwälten gemein.” 

Notare könnte er sich ebenfalls noch vorstellen: “Die wären vielleicht noch eine gute Zielgruppe. Klein, aber solvent.” Es gibt deutschlandweit ungefähr 1600 Nur-Notare im Hauptberuf und ungefähr 5000 Anwaltsnotare. Zusammen also knapp 7000. Dagegen gibt es 70 000 Anwaltskanzleien, also zehnmal so viel, und 55 000 Steuerberater. Markus Weins ist bezüglich der Notare noch unschlüssig: “Wenn ich etwas zu verkaufen hätte, dann würde ich mir das überlegen. Weil die Notare viele Mitarbeiter haben, so im Schnitt sieben pro Kanzlei. Und die kaufen schon sehr aktiv. Aber für uns zählen vor allem Leser.”

Was zählt für ihn als Verleger? “Als Neu-Verleger”, räumt Markus Weins ein, “denkt man zunächst nicht, dass man im Wesentlichen Personalführung betreiben wird.” Wie sind die Aufgaben im FFI-Verlag verteilt? “Die Ziele haben wir mal so definiert, dass das Produktmanagement sich in erster Linie um den Lesernutzen kümmern muss. Als zweites um die Verbreitung, sowohl um die Broschüren als auch um den Traffic. Und als drittes erst um die Wirtschaftlichkeit. Natürlich muss man auch gucken, dass es wirtschaftlich ist. Aber erst an dritter Stelle.” 

Der zweite Bereich im FFI-Verlag ist das Kooperations-Management. „Da ist die erste Orientierung natürlich beim Kunden. Da wollen wir als erstes den Kunden zufriedenstellen oder begeistern, die zweite Wichtigkeit ist die Verbreitung und die dritte die Wirtschaftlichkeit.” 

“DIE ZUFRIEDENHEIT DER MITARBEITER IST DAS ALLERWICHTIGSTE”

In der Bereichsleitung kommen die Leitung Produktmanagement und die Leitung Kooperationsmanagement zusammen. Dort steht an oberster Stelle die Zufriedenheit der Mitarbeiter. “Das ist für uns das Allerwichtigste. Wir sind kein Unternehmen, das den Mitarbeiter als Werkzeug sieht. Wir pressen niemanden aus, wir nutzen niemanden aus, uns sind die Mitarbeiter überhaupt nicht egal.” 

Seit zwei Jahren macht Weins regelmäßig Mitarbeiter-Umfragen – “ganz, ganz ausführlich”. Und genau wie der FFI-Verlag die Leser fragt: Wo drückt dich der Schuh, was hast du für Sorgen? Genauso können alle Mitarbeiter einmal jährlich an dieser Umfrage teilnehmen. “Und die Punkte, die nicht gut oder sehr gut abschneiden, die nehmen wir uns ganz gezielt vor und optimieren die.” Darin scheint er recht erfolgreich zu sein: “Wenn sie mal auf kununu gucken, das ist so eine Plattform, wo man die Zufriedenheit von Mitarbeitern ablesen kann, da haben wir einen ganz tollen Wert von 4,6. Wir wollen kein Unternehmen sein, das die Mitarbeiter auspresst, sondern die Mitarbeiter sollen sich möglichst eigenständig entwickeln können.” 

Seit 2021 sind die Mitarbeiter zudem am Gewinn beteiligt. Ein Drittel des Gewinns geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das führt auch dazu, dass mit einem Mal nicht der Lesernutzen allein, sondern auch die Wirtschaftlichkeit stärker im Mitarbeiterinteresse steht. “Wir haben nämlich über die Umfragen herausgehört, dass das Gehalt zu niedrig war, auch im Vergleich zu anderen Verlagen. Das ist bei einem neuen Verlag natürlich erst mal schwierig, aber seit zwei Jahren sind wir so gut unterwegs, dass wir uns das auch leisten können.” 

“BEI UNS ARBEITET NIEMAND LÄNGER ALS 35 STUNDEN”

Großen Wert legt Weins auf das Selbstmanagement der Mitarbeiter. Alle Mitarbeiter bis auf die letzten zwei hat er eingestellt und selbst ausgebildet – etwa innerhalb eines Praktikums oder eines Volontariats. Dazu gehört für ihn auch, wie man effektiv arbeitet. 

Vor vielen Jahren, als Markus Weins noch im Müller-Verlag war, hat er ein Buch in die Hand bekommen, das hieß “Zeitgewinn durch Selbstmanagement”, der Autor ist Martin Scott. Danach geht er heute noch vor: “Denn da steht drin, wie man die Prioritäten richtig setzt. Die richtigen Dinge richtig machen und zwar in der richtigen Reihenfolge und nicht nach Beliebtheit.” Eine konkrete Folge des Scott’schen Buchs: Im FFI-Verlag haben alle Mitarbeiter zu viele Aufgaben. Aber das löst bei keinem Mitarbeiter Stress aus, weiß Markus Weins. “Denn sie wissen genau, dass sie nur ihre Aufgaben nach Wichtigkeit ranken und die wichtigsten zuerst machen müssen – dann können sie alles, was weniger wichtig ist, getrost weglassen.” Ganz oben steht natürlich der Lesernutzen.

Für alle, die im FFI-Verlag angefangen haben, war das Buch “Zeitgewinn durch Selbstmanagement” Pflichtlektüre. Mehr noch, erläutert Markus Weins: “Die Mitarbeiter mussten die einzelnen Kapitel zusammenfassen und präsentieren, die mussten das verinnerlichen, und das hilft mir auch selbst, es ist ein ewiger Kampf gegen den inneren Schweinehund. Jeder von uns schiebt Aufgaben, die nicht so schön sind, auf oder macht mal irgendetwas anderes.” 

BESSER WERDEN DURCH SELBSTMANAGEMENT

Wer das Selbstmanagement verinnerlicht hat, dem geht es laut Weins besser: “Wenn die Leute richtig arbeiten, dann können die in sieben Stunden viel mehr erreichen. Bei uns arbeitet niemand länger als 35 Stunden. Bei uns macht auch keiner Überstunden, es arbeitet auch keiner samstags oder sonntags. Aber wenn Sie sieben Stunden effektiv arbeiten, dann haben Sie viel mehr geschafft, als wenn jemand zehn oder zwölf Stunden falsch arbeitet.” 

Zudem hat der ganze Verlag den Vorteil, dass jeder nach Lektüre des Buchs weiß, wie der andere arbeitsmäßig tickt. Das schafft einen Zusammenhalt, nach dem viele andere Unternehmen erfolglos suchen. Wilfried Rufs 3×3 und Martin Scotts Selbstmanagement legen zudem Markus Weins’ Arbeitsweise offen: Jeder Mitarbeiter will doch wissen, wie der Chef funktioniert – und wenn man das in einem Buch nachlesen kann, was gibt es Besseres?  

Ein konkretes Beispiel ist für Markus Weins die Fehlerkultur: “Wir heißen Fehler willkommen. Das hört sich immer so philosophisch an, und ich würde es auch nicht glauben, wenn ich es nicht selbst so machen würde. Wenn bei uns ein Fehler gemacht wird, dann weiß jeder Mitarbeiter: Er wird nicht bestraft. Da wird nicht gemeckert, sondern es wird als Chance gesehen, besser zu werden. Und jeder hat Spaß daran, besser zu werden. Und gelobt zu werden.

Und Sie glauben gar nicht, die beiden neuesten Mitarbeiter, wie froh die sind, wenn sie mal nicht bei Fehlern eins auf den Deckel kriegen. Sondern wenn sich einer hinsetzt und sagt: Jetzt haben wir wieder eine Chance zur Optimierung. Also man sollte die Fehler nicht zwei- oder dreimal machen, dann wird es irgendwann blöd. Aber gucken Sie mal auf kununu bei anderen Firmen nach, wie Mitarbeiter da abledern über den Führungsstil, der dort herrscht. Da möchte doch keiner arbeiten. Die zahlen zwar ein höheres Gehalt, das ist dann aber eher ein Schmerzensgeld.”

WO GEHT NOCH WAS?

Eine gute Fehlerkultur reklamiert Markus Weins auch für neue Erlösmodelle: Nicht alles, was er probiert hat, hat funktioniert. So hat er während der Pandemie z.B. virtuelle Messen ausprobiert und Social Media – “wir probieren alles aus. Das Schöne ist ja: Wenn Sie zehn Nägel in die Wand schlagen, dann fallen vielleicht acht runter, aber an zwei kann man was aufhängen. Mit denen können Sie dann arbeiten.” 

Die Kunst sieht er darin, einerseits immer neugierig zu sein nach neuen Möglichkeiten. Auf der anderen Seite aber die Dinge, die nicht so funktionieren, wieder zu beenden. Das waren bei ihm neben virtuellen Messen zum Beispiel auch Webinare: “Die haben wir jetzt eingestellt. Das war für unsere Größe nicht das Richtige. Wir hätten noch größer werden müssen, um das vernünftig zu machen, das wollten wir nicht.”

Wo geht noch was? Im redaktionellen Bereich und im Lesernutzen sieht sich Markus Weins “schon sehr gut. Wo ich noch Chancen sehe, ist in Kooperation, Marketing und Vertrieb, da sind wir noch nicht so gut. Das ist zwar kein neues Erlösmodell. Aber wir können noch besser werden zum Beispiel für Bannerschaltung. Das ist bei uns ein Pflänzchen, das gerade so wächst neben den Premium-Partnerschaften und den Anzeigen.” Weitere Themen könnten dann noch Zweitverwertung und Lizenzvergabe sein und Auftragsarbeiten für andere: “die Dinge, die wir gut machen, auch für andere machen.” 

Aber eigentlich will er gar nicht so viel mehr: “Wir haben einen Status erreicht, wo wir hoffentlich demnächst in guten bis sehr guten Gewässern unterwegs sind. Und dann reicht’s auch. Dann mache ich lieber einen guten Job auf hohem bis höchstem Niveau und dann muss ich auch nicht zwingend nach neuen Erlösmodellen suchen.” 

Im Wesentlichen geht er davon aus, dass er in fünf Jahren noch PDFs verschickt und Webseiten baut und Themen über Fragebögen generiert. Das ist schließlich ein stabiles Geschäftsmodell und da geht er nicht von großartigen Änderungen aus. “Ich glaube, dass das Kerngeschäft, so, wie wir es heute betreiben, auch noch in zehn Jahren sehr gut funktioniert.”

Markus Weins (Jahrgang 1966)  ist Gründer und Geschäftsführer des Verlags Freie Fachinformationen GmbH (FFI). Nach einer Ausbildung in der Marketing-Agentur Cologne Creativ Werbung war er zunächst neun Jahre als selbstständiger Werbetexter tätig. 1998 wechselte er als Leiter des Direktmarketings zur Rudolf Müller Mediengruppe. Von 2009 bis 2014 leitete Markus Weins den Bereich Marketing und Vertrieb des Deutschen Anwaltverlags in Bonn. 2015 gründete er den Verlag Freie Fachinformationen GmbH mit Sitz in Hürth.

Markus Weins, Foto: Sylke Gall

Autor:innen

Hans Werner Rodrian
Hans Werner Rodrian

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