Verlage auf der Suche nach mehr „Reader Revenue“ – acht Tipps für mehr Erfolg

Weil die Werbeeinnahmen sinken, gewinnen direkte Kundenerlöse an Bedeutung. Welche dieser „Reader Revenues“ sind erfolgversprechend?
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Markus Kreher (li.), Thomas Hess plädieren für mehr Reader Revenue

Ein Gastbeitrag von Markus Kreher und Thomas Hess

In Zeiten von häufig volatilen und meist sogar rückläufigen Werbeeinnahmen muss eine Vielzahl von Verlagen ihr Geschäftsmodell ändern und ihre Umsatzstruktur neu ausrichten. Dabei gewinnen vor allem die direkten Kundenerlöse – der sogenannte „Reader Revenue“ oder „User Revenue“ – an Bedeutung. Unter Reader Revenue versteht man im weitesten Sinne alle Umsätze, die mit dem Endkunden erzielt werden – also zum Beispiel das Abonnementgeschäft, den Verkauf von Artikeln über Webseiten oder Apps, den Verkauf von Veranstaltungstickets oder auch Kursgebühren für Bildungsseminare. Doch wie kann die Stärkung der Kundenerlöse (und die damit einhergehende Änderung des Geschäftsmodells) gelingen? Welche Maßnahmen und Faktoren sind erfolgversprechend?

Rückgang der Werbeerlöse als Ausgangspunkt

Diese Themen standen im Fokus der kürzlich publizierten „Verlagsstudie 2021: Aufbruch mit Reader Revenue – Innovationen, Strategien, Prioritäten“ der KPMG AG. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ) und Prof. Thomas Hess von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) durchgeführt. Sie basiert auf den Antworten von 102 Verlagshäusern aus Deutschland, insbesondere aus den Segmenten der Fach- und Publikumsverlage. Die Daten wurden im Sommer 2021 erhoben. 

Erhöhter Reader Revenue durch mehr Content und bessere User Experience

Die Studie zeigt, dass die Verlage auf verschiedene Maßnahmen zur Steigerung des Reader Revenue setzen. Im Vordergrund stehen die Erweiterung des Content-Angebots, die Verbesserung des Kundenerlebnisses („User Experience“) und ein besseres Kundenverständnis (vgl. Abbildung 1). 

Abb. 1: Maßnahmen zur Steigerung des Reader Revenue (KPMG 2021)

1. Mehr Content

Zur Steigerung des Reader Revenue steht die Erweiterung des Content-Angebots an erster Stelle. 31 Prozent der befragten Verlage hat diese Maßnahme bereits umgesetzt und weitere 51 Prozent der Verlage sind in der Test- bzw. Planungsphase. Laut der Studie setzen die Verlage zunehmend auch auf Audio- und Videoinhalte, so dass in diesem Bereich ein starkes Wachstum im Vergleich zu 2020 zu beobachten ist.

2. Einfacher bestellen und bezahlen

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Kundenerlebnis – also die Erfahrungen, die die Kunden bei der Interaktion mit den Unternehmen an verschiedenen Kontaktpunkten machen. Dazu gehört beispielsweise der Kundenservice, aber auch ein einfacher Bestell- und Bezahlprozess. Je angenehmer und besser die Customer Experience, desto stärker die Kundenbindung und desto größer die Zahlungsbereitschaft.

3. Mehr über die Kunden erfahren

Der dritte Erfolgsfaktor zur Steigerung des Reader Revenue ist ein besseres Kundenverständnis. Die Sammlung und Auswertung von Kundendaten ermöglicht die passgenaue Ausrichtung der Verlagsangebote und gewinnt für Verlage an Bedeutung. 21 Prozent der Verlage haben diesen Trend längst erkannt und arbeiten mit Kundendaten, während weitere 54 Prozent der Verlage eine verstärkte Datennutzung planen oder testen. 

4. Neue Zielgruppen erschließen

Verlage setzen verschiedene Maßnahmen zur Steigerung des Reader Revenue ein. Dazu gehört neben einem besseren Kundenverständnis auch die Erschließung neuer Kunden- und Zielgruppen. Beispiele hierfür sind der Aufbau eines Eventgeschäfts oder von Bildungsangeboten. Während der Pandemie haben viele Verlage ihr Online-Geschäft ausgebaut. Das gilt es fortzusetzen – nicht nur mit digitalen Inhalten, sondern auch mit Webinaren und E-Commerce.

5. Externe Shops nicht vergessen

Nicht nur über die eigenen Vertriebskanäle ist eine Monetarisierung der Verlagsinhalte möglich. Die KPMG-Studie sieht zusätzliche Chancen beim Direktvertrieb über externe Shops und eKioske sowie Paid-Content-Plattformen wie Readly oder Steady. 18 Prozent der befragten Verlage nutzen diese Vertriebswege, weiter 12 Prozent wollen sie einführen.

6. Mit den Bezahlmodellen spielen

Warum muss es immer nur ein einziges Abo-Modell sein? Immerhin 17 Prozent der befragten Verlage haben bereits gute Erfahrungen mit anderen Bezahlmodellen gemacht. Dazu gehören Optionen wie Freemium, Pay per View oder Zeitpässe. Aber auch hier bleibt das A und O, es dem Kunden so leicht wie möglich zu machen. Auch kreative Bezahlmodelle erfordern einfache Bezahlprozesse.

7. Personalisierte Inhalte

Viele Verlage stehen einer Personalisierung von Inhalten noch skeptisch gegenüber. Trotzdem handelt es sich dabei nach Ansicht der Autoren der KPMG-Studie um ein geeignetes Mittel, um das Verlagsangebot attraktiver zu machen. Insbesondere kann damit die jüngere Generation angesprochen werden – sie ist personalisierte Angebote von Social-Media-Diensten und Streaming-Plattformen gewohnt. Insbesondere die Option personalisierter Werbung verspricht zudem, das Anzeigengeschäft anzukurbeln.

8. Personalisierte Preise

Neben der vorrangigen Verbesserung bzw. Erweiterung von Verlagsinhalten und Kundenorientierung sind bei vielen Verlagen die Erweiterung von Bezahlmodellen, die Personalisierung von Verlagsinhalten und die Individualisierung von Preisen bereits ein Thema. Personalisierte Inhalte und Preise bislang weit weniger realisiert. Insbesondere für kleinere Verlage kommt die Individualisierung der Preise derzeit noch selten in Frage. Pioniere sind da schon einen Schritt weiter. 

Zukunftsfähige Personal- und Technologieinvestitionen

Um die möglichen Maßnahmen zur Steigerung der Leserumsätze effizient umsetzen zu können, müssen gut zwei Drittel der Verlage in Personal- und Technologiethemen rund um die IT-Infrastruktur und IT-Prozesse investieren – zum Beispiel zur Verbesserung der Datenanalyse oder des Nutzererlebnisses auf digitalen Kanälen (vgl. Abbildung 2).

Abb. 2: Handlungs- und Investitionsbedarf (KPMG 2021)

Knapp die Hälfte der Verlage sieht Handlungsbedarf bei der Stärkung und Positionierung ihrer Verlags-, Titel- oder Produktmarken, bei der Entwicklung einer klaren Reader-Revenue- Strategie und – oft damit verbunden – bei der Anpassung ihres Geschäfts- und Erlösmodells. Die Finanzierung der Maßnahmen ist dagegen oft unproblematisch, so sehen mehr als die Hälfte der Verlage keinen oder nur geringen Handlungsbedarf in diesem Bereich.

Wie man die Zahlungsbereitschaft steigert

Eine deutlich erhöhte Zahlungsbereitschaft für Inhalte verzeichnen laut der Studie vor allem die Verlagsangebote mit einfachen Bestell- und Bezahlprozessen sowie mit einer stark fachlichen Orientierung.

Die Steigerung des Reader Revenue hängt auch maßgeblich davon ab, wie viel die Kunden bereit sind, für die Verlagsangebote zu bezahlen. Doch welche Aktivitäten sind geeignet, um die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen? Zwei Maßnahmen sind besonders erfolgsversprechend: ein einfacher Bestell- und Bezahlprozess sowie eine starke fachliche Orientierung der Verlagsinhalte. Von den befragten Verlagen halten 82 bzw. 74 Prozent beide Maßnahmen für sehr wirksam oder eher wirksam, um die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen (vgl. Abbildung 3).

Abb. 3: Maßnahmen zur Erhöhung der Zahlungsbereitschaft (KPMG 2021)

Fachliche Orientierung lohnt sich

Die Ergebnisse sind ein Indiz dafür, dass die Qualität und Spezifität der Inhalte entscheidende Erfolgsfaktoren sind. Neben der Nutzerfreundlichkeit haben auch Art, Ausrichtung und die inhaltliche Ausgestaltung der Verlagsangebote einen großen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft der Kunden. Weitere wirksame Maßnahmen sind nach Ansicht der befragten Verlage zusätzliche Angebote und Dienste für Abonnenten („Premium Services“), gezielte Werbung in sozialen Medien sowie registrierungspflichtige Webseiten mit erweiterten Funktionen für Mitglieder.

Weniger wirksam ist dagegen ein großer Mix aus verschiedenen Bezahlmodellen, eine individuelle Preisgestaltung und Werbefreiheit hinter einer Paywall. Auch die Personalisierung von Inhalten hat nach Einschätzung von 34 Prozent der Verlage keinen positiven Effekt auf die Zahlungsbereitschaft. Dies bestätigt die Skepsis gegenüber der Personalisierung (siehe Abbildung 1).

Fazit

Plattformen wie Facebook und Google haben mittlerweile eine große Macht im Werbemarkt, so dass Reichweiten und Werbung priorisierende Geschäfts- und Erlösmodelle der Verlage zunehmend durch diese Global Digital Player unter Druck geraten. Vor dieser Herausforderung zeigt die Studie, dass die überwiegende Mehrheit der Verlage den Ausbau des Reader Revenues als strategisches Wachstumsziel formuliert hat. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es unerlässlich, Maßnahmen zu ergreifen – und damit die Hürden zu beseitigen, die einer effizienten Umsetzung im Wege stehen.

Die Studienergebnisse geben Hinweise darauf, welche Maßnahmen und Aktivitäten zur Steigerung des Reader Revenue von Verlagen in Deutschland umgesetzt und als erfolgversprechend eingeschätzt werden. Damit bietet die Studie eine Orientierungshilfe für jene Verlage, die ihre Erlösstruktur in Zukunft noch stärker auf direkte Kundenerlöse ausrichten wollen. Die vollständige Studie ist unter https://hub.kpmg.de/verlagstrends-2021 abrufbar. 

Prof. Dr. Thomas Hess ist Professor für Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre an der LMU München und leitet dort das Institut für Digitales Management und Neue Medien.

Dr. Martin Kreher ist Partner bei KPMG AG und dort für den Sektor TMT – Technologie, Medien & Telekommunikation verantwortlich.

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