Andreas Plettner ist #printproud

Wer in Hamburg exzellente Print-Produkte braucht, der kennt die Agentur MedienSchiff BRuno. Andreas Plettner hat von Bord dieses Medienschiffs eine besondere Initiative gestartet: #printproud.
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Andreas Plettner, Foto MS BRuno

Wer in Hamburg exzellente Print-Produkte braucht, der kennt die Agentur MedienSchiff BRuno. Andreas Plettner hat von Bord dieses Medienschiffs eine besondere Initiative gestartet: #printproud. Hier sagt er, worum es dabei geht.

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Zunächst mal: “MedienSchiff” ist kein Marketing-Gag. Andreas Plettner arbeitet tatsächlich auf dem Wasser. Und mit ihm die gesamte Crew vom MedienSchiff BRuno. In den 60er-Jahren diente das Boot noch als schwimmende Schmiede im Hamburger Hafen. Heute liegt es brav angetäut im Yachthafen Moorfleet. Und statt Schmieden arbeitet da nun eine klassische Produktionsagentur, die im Auftrag ihrer Kunden Medien produziert – in erster Linie gedruckte. Kunden sind zum einen Verlage, der Flughafen Hamburg, die Deutsche Nationalbibliothek oder McKinsey, zum anderen Krankenkassen und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Das Medienschiff BRuno, außen und innen

Vor etwa einem Jahr hat das Team im Rahmen eines Strategie-Workshops überlegt, wie man die Kernleistung, für die es steht, genauer definieren kann. Im Laufe des Gesprächs fiel irgendwann der Begriff #printproud. Damit war der Titel der Initiative geboren.

„Wir geben den vielen kleinen Verlagen mit Print-Schwerpunkt eine Bühne“

Dabei geht es um eine Initiative, für die es einfach Zeit war. Plettner und das MedienSchiff BRuno sind gut vernetzt in der Branche. Und immer wieder hörten sie von allen, die in diesem Genre unterwegs sind: Print ist so wichtig. “Da haben wir uns gefragt, warum geben wir nicht den vielen kleinen und mittelständischen Verlagen mit Print-Schwerpunkt eine Bühne? Print hat nach wie vor seine Daseinsberechtigung im Konzert der Mediengattungen.”

Das ist vor allem bei den Kleinen so – die Großverlage haben ja schon vor 10 Jahren den Abgesang von Print eingeläutet – viel zu früh, wie Plettner fand: “Man hat zwar weiterhin gut Print verkauft, aber zugleich die Botschaft in die Belegschaft gesendet, Print sei so gut wie tot. Aber woher kamen immer noch 80 bis 90 Prozent der Deckungsbeiträge? Von Print!”

„Wir stellen Leute vor, die mit viel Herzblut ihr Print-Produkte vertreiben“

So kam die Initiative ins Rollen. Plettner suchte und fand Menschen, “die mit unglaublich viel Herzblut und teilweise eigenem Geld ihre Print-Produkte produzieren und voran bringen. Und diese Persönlichkeiten und ihre Geschäftsmodelle stellen wir in einem gedruckten Magazin vor, dem #printproudmagz, das seinerseits alles zeigt, was Print heute leisten kann.”

In der ersten Ausgabe gab es ein Feature über eine Hamburger Bloggerin, Nussin Armbrust, die in diesen digitalen Zeiten ein neues gedrucktes Hamburger Stadtmagazin gegründet hat. Peter Lewandowski von MAX schrieb ein Essay zum Thema Haptik und Papier. Ein anderer Artikel ging dem Manga-Phänomen nach: Manga-Jünger sind in der Regel sehr jung und sehr digital, aber sie kaufen zu 90 Prozent ihre Mangas als Print. Plettner: “Das gängige Klischee ist nun mal, dass alles bis 40 oder maximal 50 Jahren die digitale Welt ist, und dann gibt es noch die alten weißen Männer und Frauen, die eben noch analog sind. Und plötzich trifft man diese junge Leserschaft, die vielleicht nicht tageszeitungsaffin ist, aber selbst viel auf Papier zeichnet und Print einfach geil findet.”

Das Magazin, das für Print steht: Heft Nr. 1 …
… Druckabnahme …
… Heft Nr. 2

„Wir wollen auch technisch zeigen, wie man sich durch Print abheben kann“

Zum einen werden in dem Magazin der Initiative diese Geschichten erzählt, zum anderen versucht Plettner mit jeder Ausgabe zu zeigen, was drucktechnisch geht. “Wir hatten bei der ersten Ausgabe zum Beispiel eine genähte Heftung, Logo und Titelzeile auf dem Cover geprägt. Wir wollen mit diesem Magazin eben auch technisch zeigen, wie man sich vom Wettbewerb abheben kann.”

Die erste Ausgabe des Magazins war sehr erfolgreich, vor wenigen Wochen brachte Plettner dann die zweite an den Start. Das Thema diesmal: Nachhaltigkeit, der Titel: “Green is the new Black”. Auch hier wurde wieder eine auffällige Veredelung gewählt. Plettner will “damit zeigen, dass man als Magazinmacher bereits durch die Haptik eine großartige Differenzierung erzielen kann. Du musst nur jemanden haben, der dich berät, und du musst ein bisschen Mut haben. Es ist natürlich auch ein wenig teurer als 08/15-Produkte. Aber bei bestimmten Zielgruppen und bestimmten Botschaften funktioniert das genau so – und nicht anders.”

Die neue Botschaft: Print ist nachhaltig

Natürlich sind auch in der zweiten Ausgabe wieder spannende Geschichten zu finden. Die Hauptstrecke geht über das Thema Nachhaltigkeit in der Druckproduktion und räumt unter anderem mit diversen Mythen auf, die dazu kursieren. Was aber besonders spannend ist: Das Produktionsteam hat drei unterschiedliche Papiersorten verwendet, allesamt Recycling-Papiere. Dazu gibt es ein sehr buntes Foto von einem Chamäleon, mit dem die Macher im direkten Vergleich der Materialien zeigen, dass es möglich ist, auch auf unterschiedlichsten Recycling-Papieren hochwertigste Druckergebnisse zu erzielen. Plettner: “Wir haben mit einer Hamburger Druckerei zusammengearbeitet, Langebartels, die zeigt, wie man so herausragende Druckergebnisse erzielen kann. Das ist ein absolutes drucktechnisches Meisterwerk. Wenn man es in der Hand hält und an die Menschen denkt, für die Recyclingpapier nicht viel mehr ist als graues Altpapier, da erkennt man sofort, dass wir da schon ein ganzes Stück weiter sind.”

Das ist Plettners Mission: Er will spannende Geschichten über spannende Leute und ihre Arbeit erzählen. Und zeigen, wie modern Print sein kann. Ein anderes Beispiel: Da gibt es einen Art-Direktor aus Berlin, Robert Auer, der arbeitet für Scholz & Friends, und für ihn ist ebenfalls ganz klar, dass in seiner Agentur das Thema Print extrem wichtig ist. Weil sie nun mal Zielgruppen bedienen, wo man an Print nicht vorbei kommt.

Dieses Foto ist tatsächlich auf Recyclingpapier gedruckt – und zwar auf drei unterschiedlichen.

„Wir sind nicht gegen Online, das wäre ja blödsinnig“

Eines ist Plettner besonders wichtig: “Unsere Initiative ist nicht als verklärte, rückwärts gerichtete Argumentation gegen Online zu verstehen, das wär ja auch blödsinnig, sondern wir wollen zeigen, dass man mit Print eine Mediengattung hat, die exzellent funktioniert, wenn man sie gezielt einsetzt. Nicht selten im Zusammenspiel mit Online. Wenn ich z.B. mit einem Online-Mailing eine Conversion-Rate von einem Prozent erziele, dann gilt das schon als gut. Dann heißt das auf der anderen Seite aber, dass ich 99 Prozent in dieser Zielgruppe nicht konvertiert habe. Dann muss ich mir die Frage stellen, was ich tun kann, um diese zu erreichen. Und Print wäre da eben eine Möglichkeit.” Dass das sehr gut funktioniert, beschreibt Plettner mit einer weitere Geschichte der aktuellen Ausgabe: Da geht es um Hawesko, Deutschlands größten Onlinehändler für Wein, ein börsennotiertes Unternehmen. “Und die schieben 80 Prozent ihrer Umsätze über Print und über gedruckte Kataloge an – geordert wird dann aber überwiegend im Online-Shop. Dieses Zusammenspiel von Online und Print, das ist wirklich spannend, von Medienbruch oder mangelnden Tracking-Möglichkeiten kann da gar keine Rede sein”

Ist Print denn auf dem absteigenden Ast? Das will Andreas Plettner so pauschal nicht unterschreiben. “Aber die fortschreitende Digitalisierung sorgt dafür, dass gedruckte Medien weit weniger oder weniger häufig zum Einsatz kommen. Wenn man sich beispielsweise die gesamten Online-Aktivitäten der Bildungsinstitute anschaut, wie heute unterrichtet wird, dann sind es eben häufig digitale Angebote. Diese Unterrichtsformen werden dann zwar teilweise verknüpft mit Offline-Lehrmitteln, also Lehrbüchern und -Broschüren, aber der Trend geht auch in diesem Bereich ganz klar zu digitalen Angeboten. Das war schon vor Corona so, die Pandemie war da nur der Brandbeschleuniger. Dies hat natürlich zur Folge, dass Print weit weniger produziert wird.

Genauso wie Marketeers aus vermeintlichen Kostengründen sagen, dann verschicke ich doch lieber eine Million E-Mails, statt dass ich 100.000 Postmailings versende. Das ist mir alles viel zu aufwendig und auch viel teuer. Was aber so aber nicht richtig ist, wie in diversen Studien nachgewiesen wurde. Da wird sicherlich der Trend jetzt auch dahin gehen – das ist zumindest meine Wahrnehmung – dass es so eine Art Rückbesinnung geben wird. Ich sehe es an meinen E-Mail-Postfächern: ich erhalte vielleicht 20 Newsletter, die ich regelmäßig bekomme und die mich gar nicht interessieren, die klicke ich weg oder bestelle sie gleich ab, weil sie nerven: Im Grunde genommen bekommen wir alle jeden Tag so viel Datenmüll, dass ich regelrecht froh bin, wenn ich Botschaft erhalte, die ich in einer ganz anderen Atmosphäre lesen kann.” 

Print mit hohem qualitativem Anspruch …
… wird sich durchsetzen.

„Mit Print erreicht man eine besondere Zielgruppe, die diese Haptik liebt“

Plettner weiter: “Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Print wird mit Sicherheit weiter an Reichweite verlieren und in einigen Zielgruppen auch an Bedeutung, aber unsere These ist, dass sich eine entsprechende qualitative Ansprache durchsetzt: Wer hochwertig produziert, erreicht die Zielgruppe, die diese Haptik lebt. Mein Sohn ist 20, der liest zwar auch keine gedruckte Tageszeitung, sondern informiert sich online, aber er liest Bücher und Magazine und er interessiert sich auch ein bisschen für Manga. Dahin wird die Reise für Print gehen: Spezialisierung und bestimmte Nischen. Das ist auch unsere Botschaft, die wir mit #printproud spielen: Schau, wo deine Nische ist, wo du mit Innovation aufwarten kannst, wo du deine Zielgruppe überrascht! – denn da funktioniert Print und ist erfolgreich.“

Ein Ziel Plettners mit der Initiative #printproud ist es, weitere Partner zu finden und das Netzwerk zu vergrößern: “Wir sind der Branche gegenüber völlig offen, wir arbeiten auch mit anderen Verlagen, Agenturen und Produktionern zusammen, mit denen wir bislang keine Berührungspunkte hatten. Wenn sie ein spannendes Projekt haben, dann nehmen wir sie selbstverständlich mit rein, obwohl sie streng genommen sogar Wettbewerber sein könnten. Wir wollen mit #printproud die Kampagne auf eine möglichst breite Basis stellen, die Menschen ins Gespräch bringen – mit uns, ja klar, aber auch untereinander. Dabei hilft zum Beispiel, dass die jüngste Ausgabe über einen Medienfachverband, den f:mp, an alle seiner 500 Mitglieder verschickt wurde mit dem Hinweis, was wir hier denn Schönes machen. In diesem Fall sind das alles Fachleute aus der Medienproduktion, wir sprechen derzeit aber auch mit anderen Verbänden, um abzuklären, wo man sich überall gegenseitig befruchten kann.”

„Gerade erfolgreiche Verlage verkaufen Print gut über digitales Marketing“

Viel geholfen ist aus Sicht von Andreas Plettner schon, wenn die einzelnen Marktteilnehmer aus ihrem Silodenken rauskommen: “Es gibt ja noch immer diese Urangst der Verleger, dass ich mich selbst kannibalisiere, wenn ich als Print-Unternehmen auch meine digitale Produkte promote, und dass es dazu führen kann, die Auflagenerosion meiner Print-Produkte weiter zu beschleunigen. Wir sehen das nicht. Online ist die Erweiterung des Produktangebotes eines Verlages und ich habe hier ein Tool, mit dem ich mein Geschäftsmodell auf eine breitere Basis stellen kann. Was ich verkaufe, ist Content, die Darreichungsform ist dann je nach Inhalt und Zielgruppe Online oder ePaper oder Print – je nachdem, was am besten passt.” 

Digital erfolgreich Marketing zu betreiben, darauf legt Plettner Wert, heißt ja nicht automatisch nur auf Online-Angebote zu setzen. Gerade erfolgreiche Verlage verkaufen Print gut über digitales Marketing. Ein Beispiel dafür ist Plettners ehemaliger Arbeitgeber, der ZEIT-Verlag. “Die machen das super, dass sie über ihre digitalen Kanäle überwiegend Print-Abos verkaufen. Die Auflage geht seit Jahren gegen den Trend durch die Decke, weil sie auf ihren Online-Kanälen die Reichweite haben, um den Kunden zu erreichen und diese Karte richtig ausspielen. Aber ohne exzellente Inhalte würde natürlich auch das nicht funktionieren.” 

„Wenn du ein handgeschriebenes Schreiben bekommst, dann beschäftigst dich damit!

Die Initiative #printproud soll den Austausch untereinander beflügeln und das Wissen um die Stärken von Print verbreiten. “Das heißt, wir bieten eine Plattform, an der alle, die von sich sagen, #printproud zu sein, teilnehmen können und durch die Vernetzung untereinander zusätzlichen Nutzen ziehen.”

Auch mit der zweiten Ausgabe hat Andreas Plettner ein sehr ungewöhnliches Mailing eingesetzt, um die Hefte an die hochkarätige Zielgruppe zu bringen: “Wir haben an rund 500 Verlagsgeschäftsführer und Agenturinhaber einen personalisierten, handgeschriebenen Brief verschickt, samt handgeschriebener Adresse und einer echten Briefmarke auf dem Umschlag. Ohne Absender und ohne jeglichen Aufdruck, ganz puristisch. Wenn du das Ding auf den Schreibtisch bekommst, dann machst du es auf, denn wer schreibt dir heute noch mit der Hand? Im Umschlag dann unser Magazin und dieses handgeschriebene Schreiben vom MedienSchiff BRuno. Die Öffnungsraten eines solchen Mailings liegen bei 99 Prozent. Und wenn du ein solches Schreiben mit einem so auffällig anderem Magazin bekommst, dann nimmst du es in die Hand und beschäftigst dich damit. Genau das ist unser Ziel.”

Ein weiteres #printproud-Programm neben Magazinen und Mailing sind die Print-Botschafter

Das Mailing war übrigens nicht wirklich handgeschrieben, Andreas Plettner hat dazu eine Kooperation mit der Berliner Firma Wunderpen eingefädelt. Die hat ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe tatsächlich mit Kugelschreiber und Füller solche Mailings erstellt werden können. Der Kunde kann wählen, welcher Stift und welche Schrift zum Einsatz kommen sollen. “Und die Buchstaben der Schreibschrift sind auch nicht gleich, das kleine a zum Beispiel gibt es siebenmal. Wir bekommen tatsächlich Dankesmails oder auch handgeschriebene Antwortbriefe. Mensch, Herr Fleischer (das ist mein Geschäftsführer), das ist ja toll, dass Sie sich hingesetzt und einen Brief geschrieben haben. Das hat lange keiner mehr gemacht. Das ist sehr, sehr charmant. Und das ist die Botschaft, die wir transportieren wollen: Wir haben hier ein Printprodukt, mit dem wir genau unsere Zielsetzung erreichen.”

Ein wichtiger Baustein im #printproud-Programm neben dem eigenen Magazin, den Online- und Social-Media-Angeboten sind die Print-Botschafter. Bei Andreas Plettner heißen sie “Ambassadors”, und als solche Botschafter wurden bereits Branchengrößen wie Andreas Wrede und Florian Boitin gewonnen. “Die Ambassadors stellen ihre Marke und ihr Produkt in den Vordergrund, werben damit für sich selber und für ihr Schaffen, bekennen sich aber gleichzeitig für das Thema. Durch ihre Popularität, Reichweite und Authentizität verstärken sie die Kampagne, wenngleich wir auch viele Ambassadors haben, die vielleicht nicht so im Rampenlicht stehen – aber dennoch für Print brennen.” 

„Noch heute sind in den großen Verlagen die Print-Titel ein wesentlicher Teil der Erlösbringer“

Geht es Print bereits so schlecht, dass es so eine Initiative brauchte? Andreas Plettner glaubt, “dass es immer positiv ist, sich für eine Sache einsetzen, die einem am Herzen liegt. Für uns ging es ja nicht darum, zu versuchen einen Ball über Wasser zu halten, der sonst im Teich versinken würde. Das ist nicht das Thema. Sondern wir haben das Gefühl, dass sehr, sehr viele Menschen mit diesem Thema sehr glücklich sind und damit auch arbeiten, dass zuletzt aber weit weniger selbstbewusst damit umgegangen wurde. Das wollten wir nicht einfach so hinnehmen .

Dabei gibt Plettner ganz offen zu, dass auch er und das Medienschiff-BRuno-Team “jahrelang #printproud waren, aber wir haben es nicht ausreichend kommuniziert. Wenn du MedienSchiff BRuno hörst, dann denkst du nicht gleich an Print. Da ist #printproud eine willkommene, klare Positionierung.” Das ist ihm zum Beispiel auch in seiner Zeit bei Axel Springer aufgestoßen: “Obwohl allen Beteiligten im Haus klar war, dass am Ausbau der Online-Angebote kein Weg vorbeigehen wird, wurden die Printler schon recht früh in eine Retro-Ecke gestellt und die Onliner gehypt. Dabei sorgten die Print-Objekte noch über Jahre dafür, dass das Geld für die digitalen Kanäle zur Verfügung stand bzw. noch steht. Noch heute sind in vielen Verlagen die Print-Titel ein wesentlicher Teil der Erlösbringer, weil die wirklich funktionierenden Online-Geschäftsmodelle noch spärlich gesät sind und weggebrochene Vertriebs- und Anzeigenerlöse nicht kompensiert werden können.” 

„Ich kann nur allen empfehlen, so lange wie möglich an Print festzuhalten“

Natürlich ist es auch Andreas Plettner klar, “dass die Cash-Cows jetzt gemolken werden. Und es gibt auch die Entwicklung, dass die Häuser Produkte einstellen oder verkaufen. Ich glaube aber, dass Print genügend Potenzial hat, um auch in Zukunft als attraktives Geschäftsmodell zu dienen. Gerade in Verbindung mit anderen Ertragssäulen. Die ZEIT macht das seit Jahren zum Beispiel sehr clever und erfolgreich, sie hat mit ZEIT Reisen, dem ZEIT Shop oder Tempus Corporate Units, die sich auch um die Monetarisierung der Zielgruppe kümmern, in ganz unterschiedlichen Segmenten, sie bleibt aber immer ganz nah an der Marke dran und nutzt die aufgebauten Reichweiten. Ich glaube, dass alle Verlage gut daran tun, die Augen offen zu halten nach immer neuen Geschäftsmodellen, aber ich kann auch nur allen empfehlen, so lange wie möglich an Print festzuhalten, wie es gesamtwirtschaftlich Sinn macht, auch wenn ggf. quersubventioniert wird. Wenn die ZEIT jetzt aufhören würde, die Wochenzeitung herauszubringen, dann würden auch die ganzen anderen angedockten Geschäftsmodelle nicht mehr funktionieren. Nicht nur, weil es das Flaggschiff ist, sondern weil die Reichweite weg wäre, gerade bei dieser printaffinen Leserschaft. Die ZEIT wäre eben nicht das, was sie jetzt ist, wenn es nur die Online-Komponente gäbe.”

Wann sollte jemand mit einem neuen Projekt an Print denken? “Auf jeden Fall dann, wenn ich möchte, dass meine Botschaft länger präsent beim Empfänger ist. Zeitschriften und Bücher werden ja nicht nur einmal gelesen und dann in die Tonne getreten, sondern wandern je nach Ausstattung sogar zuhause ins Regal. Und natürlich immer dann, wenn es eine Zielgruppe ist, die dieses Produkt auch schätzt. Besonders geeignet sind hochwertige Inhalte, die eine gewisse Tiefe haben. Wie bei der ZEIT: Da geht es ja nicht um die tagesaktuelle Berichterstattung. Was heute zwischen elf und zwölf Uhr passiert, dafür gibt es entsprechende Online-Kanäle. Wenn es aber um die Tiefe geht, warum ticken die Menschen, so wie sie sind, warum werden Entscheidungen so getroffen, wenn sie Denkprozesse anstoßen sollen, dann kann Print seine Stärken ausspielen.” 

„Wenn Denkprozesse angestoßen werden sollen, dann hat Print auf jeden Fall eine Bedeutung.“

Die großen Veränderungen: Nachhaltigkeit, Verknüpfung, Qualität

Welche großen Veränderungen werden in den nächsten fünf Jahren bei Print zu sehen sein? Für Andreas Plettner wird zunächst der Bereich Nachhaltigkeit eine ganz große Rolle spielen. “Selbst Auto-Bild wird ja jetzt CO2-neutral produziert. Das ist etwas, was die Branche ganz sicher umtreiben wird. Und da wird sich auch die entsprechende Technik weiterentwickeln. Wie kann ich so produzieren, dass es sauber, aber auch bezahlbar ist?” 

Die zweite wichtige Entwicklung wird aus Plettners Sicht “mit Sicherheit das Zusammenspiel, die Verknüpfung mit digitalen Kanälen sein. Ein Stichwort ist Programmatic Printing, dass ich also die Möglichkeit nutze, ganze Magazine, Mailings und Kataloge so zu individualisieren, wie man das von Online-Mailings seit 20 Jahren kennt, dass man also persönlich, in seiner Customer Journey, angesprochen wird. Denn die Datenströme, die in den Häusern vorhanden sind, können heute auch dazu genutzt werden, Zeitschriften und Bücher so zu individualisieren, dass sie wirklich zielgruppen- oder besser: personengerecht sind. Wir kennen Recommendation und Retargeting von Amazon und anderen Online-Shops, aber das wird künftig auch ein Hersteller von Magazinen oder Katalogen jederzeit nutzen können. Zum Beispiel bei Warenkorb-Abbrechern im E-Commerce, die sich noch nicht zum Kauf entschieden haben. Es ist geübte Praxis, diese dann gezielt mit Displayanzeigen oder zusätzlichen Rabatten anzusprechen. Das ist auch bereits im Print möglich, ich nutze dabei im Marketing die gleichen Logiken und Engines wie im Online-Marketing. Zusammengefasst: Was wir als digitale ‘Intelligenz’ aus dem Onlinebereich kennen, das kann ich genauso gut in Print nutzen. Wenn ich die Database habe, werde ich sie nicht nur online einsetzen, sondern auch in Print.

Und ein dritter Trend wird der Trend zur Qualität sein. Dort wo man einen nachhaltigen Eindruck erzielen will, da wird man zwangsläufig nicht an Print vorbeikommen.” 

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Andreas Plettner ist seit Herbst 2020 bei der Hamburger Agentur MedienSchiff BRuno zuständig für den Bereich Marketing und Neue Geschäftsfelder, er entwickelte dort die Initiative #printproud. Der gelernte Verlagsfachwirt und langjährige Medienmanager war rund 25 Jahre bei Axel Springer in verschiedenen Funktionen tätig. Bei der Special Interest-Tochter JTSV in der Gesamtanzeigenleitung und als Key Accounter, wechselte er zur BILD-Gruppe nach Berlin und kümmerte sich dort um Markenlizenz-Kooperationen für die großen roten BILD-Marken. 2017 ging es dann zur ZEIT-Verlagsgruppe nach Hamburg, konkret zum Spotlight Verlag, der Sprachmagazine und Digital-Medien herausgibt. Dort leitete er den Bereich Neue Geschäftsfelder und E-Commerce, bevor er beim MedienSchiff BRuno anheuerte.

Andreas Plettner, Foto MS BRuno

Autor:innen

Hans Werner Rodrian
Hans Werner Rodrian

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