Romina Stawowy setzt mit ihrem Magazin FemMit auf Themen, die das Leben schreibt: „Leidenschaft zahlt sich aus und die Lesenden werden dies belohnen.“
Die Grafikerin Romina Stawowy hat als Mutter von drei Kindern mitten in der Corona-Zeit ihr erstes Magazin herausgebracht. Die Abo-Zahlen steigen. Auch die Verkäufe am Kiosk.
Seit wann gibt es den Verlag/Wann haben Sie gegründet?
Romina Stawowy: Sommer 2020.
Warum haben Sie sich für das Thema Gleichberechtigung als Thema für Ihr Magazin entschieden?
Romina Stawowy: Das Magazin schließt hier direkt an die Konferenz an. Die Themen sind Gleichberechtigung, Innovation und nachhaltige Veränderung in der Arbeitswelt, im persönlichen Alltag und der Gesellschaft. Es geht um Vorbilder, Mut und Fakten.
Ich möchte zeigen, dass es neben den altbekannten Frauenmagazinen auch etwas anderes geben kann und inzwischen auch geben muss. femMit ist lipstick-, fashion- und diätenfrei und stößt wahrscheinlich gerade deshalb auf breites Interesse bei den Leserinnen und Lesern.
Ausgerechnet während der Corona-Zeit haben Sie Ihren Verlag gegründet – welche Idee/welcher Gedanke steht dahinter?
Romina Stawowy: Nachdem ich im Frühsommer 2020 coronabedingt die femMit-Konferenz absagen musste, habe ich beschlossen, die Themen in einem gedruckten Magazin zu verarbeiten und so an die Frau und den Mann zu bringen. Damals stöhnte jeder, weil sich ein Zoom-Meeting an das andere reihte.
Mit dem Gedanken, ein Magazin herauszubringen, habe ich aber durchaus schon ein paar Jahre lang gespielt. In dem Fall war Corona der finale Stups, den ich brauchte. Ich bereue es keine Sekunde!
Manpower – Mit wie vielen externen bzw. internen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern arbeiten Sie? Welche Leistungen kaufen Sie ein?
Romina Stawowy: Viel Woman- und Man-Power! Ich habe sehr viele freie Redakteurinnen und Redakteure, die am Heft mitarbeiten. Die Anzahl wächst stetig – jeder neue Input im Team ist hilfreich, um die bestehende Bubble zu sprengen. Ich finde es großartig, einen großen Pool an Menschen zu haben, die gern für femMit schreiben, recherchieren und ihre Sichtweise, Erfahrungen und Ideen hinzubringen. Außerdem habe ich einen Grafiker und eine Lektorin, die mich bei jeder Ausgabe begleiten.
Woher nehmen Sie Ihre Ideen?
Romina Stawowy: Die Leserinnen und Leser sind Menschen wie du und ich und die Themen schreibt das Leben!
Oft sind es die Gespräche zwischendurch, am Rande einer Veranstaltung oder beim Kaffee, die zu einem Thema führen. Außerdem nutze ich seit Corona Linked-in sehr intensiv. Reisen ging ja lange nicht, also versuche ich viel zu telefonieren, um die Menschen, mit denen ich mich neu vernetze, kennenzulernen. Solche Gespräche sind großartig. Irgend etwas ergibt sich immer, ob nur ein Thema, das mir in den Kopf und später auf die Inhalts-Planungsliste kommt oder wieder eine neue Verbindung, weil jemand wieder jemanden kennt. Ich habe dadurch unglaublich viele spannende und interessante Menschen kennengelernt. Inzwischen könnte ich wohl jeden Monat ein Magazin machen.
Welche Art von Feedback bekommen Sie? In welcher Form?
Romina Stawowy: Ich bekomme viele E-Mails oder Nachrichten bei Instagram oder Linked-in, in denen mir geschrieben wird, wie toll es ist und dass es genau so ein Magazin noch nicht gibt. Dass endlich mal kein erhobener Zeigefinger dabei ist, so nach dem Motto „Bitte mach dich hier und da besser!“
Eine Nachricht, über die ich mich sehr freute, war, dass das femMit-Magazin wie früher die Bravo, auf die jeder wartete, im Freundeskreis herumgereicht wird und sich alle schon nach der nächsten Ausgabe erkundigen. Oder aber eine Frau, die direkt für ihre Tochter ein Abo abgeschlossen hat. Vorher rief sie mich an, um mir vom stressigen Arbeitsleben der Tochter zu erzählen – so entstand die Idee zum Beitrag mit den Arbeitszeitmodellen.
Tatsächlich gibt es auch hin und wieder eine Postkarte mit lieben Worten.
Was treibt Sie an?
Romina Stawowy: Genau das oben genannte Feedback. Bisher kam nicht eine wirklich negative Nachricht. Eher Nachrichten von Menschen, die mir schreiben oder erzählen, was das Magazin mit ihnen gemacht hat – Aha-Momente und Mut zur Veränderung. Es ist doch fantastisch, wenn eine Leserin schreibt, dass sie sich endlich getraut hat, einen neuen Job anzunehmen – ohne wie vorher zu denken, dass sie es nicht kann. Eine mutige und tolle Entscheidung.
Was lässt Sie hadern?
Romina Stawowy: Die Schwierigkeiten hinsichtlich der Finanzierung. Jedes Heft ist ein erneuter Kampf. Allein vom Kiosk und Abo-Vertrieb kann ich das Magazin nicht finanzieren. Mir ist wichtig, die Mitarbeitenden fair zu bezahlen. Bei Mediaagenturen zählt dies alles natürlich nicht wirklich – da geht es um harte Zahlen. Und mit einer Auflage von aktuell nur 10.000 Stück gehe ich da leider unter. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Ohne Anzeigenpartner, die hinter der Idee stehen, bekomme ich die Auflage nicht hoch. Ohne hohe Auflage keine Anzeigen.
„Meine höchsten Hürden waren bisher immer nur, genügend Anzeigenpartner zu finden.„
Romina Stawowy
Welche Hürden hatten sie in der Verlagsgeschichte zu bewältigen?
Romina Stawowy: Bisher immer nur die Finanzierung, also genügend Anzeigenpartner zu finden. Wäre dies gesicherter, würde ich gern auf vier Ausgaben pro Jahr gehen.
Was waren prägende Meilensteine in ihrer Verlagsgeschichte?
Romina Stawowy: Das erste Heft am Kiosk … ach, was sag ich, jedes Heft am Kiosk zu sehen ist ein irres Gefühl.
Wie ist die IST-Situation in Ihrem Verlag?
Romina Stawowy: Für dieses Jahr habe ich beschlossen nur zwei Ausgaben herauszugeben. Ich hoffe, 2023 werden es wieder mehr. Aber ich bin da guter Dinge, denn die Verkäufe wie auch Abos steigen.
Die Abozahlen sind generell rückläufig und klassische Anzeigen spielen bei den Werbeformen eine zunehmend untergeordnete Rolle. Wo sehen Sie alternative Erlösmodelle und Reader Revenues? Und wie setzen Sie diese um?
Romina Stawowy: Bisher bin ich ganz oldschool bei Anzeigen und Abos geblieben. Aber vielleicht liest dies hier jemand und hat Lust, mich mit Ideen zu unterstützen.
Welche Rolle spielt Digitalisierung in ihrem Verlag? Und im Anschluss: Welche Digitalisierungsmaßnahme wird ihr nächstes Projekt und warum?
Romina Stawowy: Ehrlich gesagt, stehe ich auf bedrucktes Papier mit haptischem Erlebnis. So soll das auch bleiben.
Natürlich bediene ich die Social-Media-Kanäle. Entgegen den landläufigen Strategien setze ich auf „Print first“. Haben Sie ihre Nase mal in ein frisches Magazin gesteckt? Aber, natürlich wird es auch hier und da ein neues Projekt geben: ganz neu den Podcast „femMit to go“. Er ist über Spotify, Deezer und iTunes zu hören. Ich hoffe, damit neue Leserinnen und Leser zu erreichen, die vom Magazin bisher noch nichts gehört haben.
Romina Stawowy fordert Leidenschaft, Leserkenntnis und Mut
Welche drei Aspekte sind für Sie für die Verlagsbranche entscheidend?
Romina Stawowy: Leidenschaft und Liebe beim Produzieren der Inhalte.
Das Kennen der Leserschaft und der Draht zu dieser.
Mut, um auch einmal Dinge anders anzupacken als gewohnt.
Welche drei großen Veränderungen werden Ihrer Meinung in den kommenden fünf Jahren in der Verlagsbranche gemacht werden – worauf bereiten Sie sich vor?
Romina Stawowy: Ich glaube, dass die gestiegenen Produktionspreise wie auch die Vertriebskostensteigerung definitiv den Markt ausdünnen werden. Kleine Verlage werden es schwer haben, und große werden Titel, die nur halb gut laufen, genauer unter die Lupe nehmen – lohnt sich das oder nicht?
Ich hoffe dennoch auf viele kleine, vielleicht auch neue Herzblut-Verlage und Neugründungen, die Magazine mit viel Liebe produzieren. Leidenschaft zahlt sich aus und die Lesenden werden dies belohnen! Also nur Mut!