Julia Ernst-Hausmann ist die Geschäftsführerin des Verlages für Technik und Handwerk neue Medien GmbH, und bietet uns im heutigen Interview einen spannenden Blick hinter die Kulissen des Verlags. Mit Sitz in Baden Baden spezialisiert sich der Fachverlag auf den Funktionsmodellbau.
Wie sah die Corona-Krise in eurem Unternehmen aus? Hattet ihr viele Probleme?
Wir waren während der Corona-Zeit vor allem mit unserem Online-Shop sehr gut aufgestellt. Dadurch konnten wir, trotz der schwierigen Umstände, gute Umsätze erzielen und so eine solide Basis für die Zukunft, vor allem in den Bereichen Digitalisierung und Ausbau der verschiedenen Vertriebskanäle, schaffen.
Du kommst ja ursprünglich nicht aus der Verlagsbranche, sondern eher aus dem Bereich Betriebswirtschaft und Marketing. Wie denkst du, wirkt sich das auf dein Handeln als Geschäftsführerin aus?
Primär liegt mein Fokus auf dem Unternehmertum, und das ist meiner Meinung nach etwas, was nicht unbedingt aus dem Verlagswesen allein entstehen muss. Vielmehr kommt es dadurch zustande, dass wir ein gutes Team sind! Jeder aus unserem Team bringt andere Fähigkeiten und Kompetenzen mit, sodass wir uns gegenseitig sehr gut ergänzen.
Konntest du dich dann schnell mit dem Thema „Modellbau“ identifizieren?
Es ist in jedem Beruf wichtig, sich für die Themen des Unternehmens zu interessieren. Das war bei mir nicht anders. Ich konnte mich sehr schnell für die Themen rund um Modellbau und Flugtechnik begeistern, da ich sie unglaublich spannend finde. Ich schätze auch sehr, was der Modellbau bewirkt – sei es das generationsübergreifende und integrative Miteinander oder die naturwissenschaftliche und technische Bildung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Die im Modellbau geleistete Jugendarbeit ist eine Kaderschmiede der Luft- und Raumfahrtindustrie von morgen. Um als Verlags-Team weiter zusammenzuwachsen und das gemeinsame Interesse zu fördern, veranstalten wir regelmäßig Team-Events auf Modellflugplätzen oder an ähnlichen Orten.
Du als Frau in so einem Themengebiet bist bestimmt eine große Inspiration für alle Mädchen, die sich vorstellen können, später in diesem Gebiet zu arbeiten. Habt ihr schonmal über Initiativen nachgedacht, um solche Kinder so zu fördern?
Ja, es gibt tatsächlich von uns und auch von den Modellflugverbänden Initiativen zur Nachwuchsförderung. Dass bei unserer Nachwuchsförderung die Mädchenquote besonders hoch ist, macht mich stolz. Um das Thema Modellbau in die Schulen zu bringen, läuft derzeit eine Initiative in Baden-Württemberg, die nun auf andere Bundesländer übertragen werden soll. Jedoch sind wir hier auch auf die Hilfe der Schulämter und der Ministerien angewiesen, dass diese uns bei solch einem großen Projekt helfen, es Deutschlandweit auszurollen.
Deine Erfahrung bei Vth: Wenn du in der Zeit zurückgehen könntest, was würdest du anders machen?
Ich würde nichts anders machen. Wenn ich jedoch noch einmal von vorne beginnen müsste, würde ich wahrscheinlich das Thema Digitalisierung früher angehen. Generell würde ich einige Projekte viel früher starten. Unsere Projekte benötigen Zeit und nebenbei haben wir auch alltägliche Aufgaben zu erledigen. Wenn wir früher mit der Digitalisierung begonnen hätten, wären wir jetzt schon einen Schritt weiter. Aber ich denke, dass wir bisher alles gut gemeistert haben. Wir sind zu einem Unternehmen und Team gewachsen, auf das wir heute stolz sein können. Wir haben das perfekte Team aus erfahrenen Mitarbeitern mit ihrem Know-how, Quer- und jungen Berufseinsteigern, die Erfahrungen aus ganz anderen Bereichen und neue Ideen mitbringen. Ich glaube, dass dieser Mix genau richtig ist.
Das Mindset hat auch viel damit zu tun, oder?
Ja, genau. Die Personen, die heute da sind, haben das richtige Mindset. Natürlich ist es auch ein Prozess, dieses zu entwickeln. Dieser Entwicklungsprozess ist jedoch etwas, was man als Team gemeinsam angehen sollte und dafür muss man offen sein. Als wir damals den Verlag aus der WAZ-Gruppe herausgelöst haben, haben sich auch einige ehemalige Mitarbeiter von uns verabschiedet. Ich denke, dass war die richtige Entscheidung. Man kann niemanden zwingen, einen bestimmten Weg zu gehen.
Wenn ich dir bei alle dem zuhöre, muss ich mir immer wieder denken: Wow, du hast es verstanden:
Danke. Ich finde es besonders wichtig, die Funktionalität unseres Verlages immer weiter zu verbessern. Ein gutes Beispiel ist die Software-Ausstattung des Verlages. Nach einer langen Zeit mit verschiedensten Arbeitsprogrammen haben wir es zum Jahreswechsel geschafft, die App, den Shop, das Abonnement-Management und die Verlagssoftware zusammenzuführen, sodass wir alle Bereiche mit einer gemeinsamen Software betreuen können und über die notwendigen Informationen verfügen. Auf diese Weise können wir unsere Kunden optimal betreuen und Probleme auch direkt lösen. Durch diese Maßnahmen bin ich jederzeit mit meinem Team über meine Daten, meine Kommunikation und meine Zielgruppe informiert.
Genau. Am Ende des Tages muss nicht immer alles im Fachlichen bis zum Letzten Aspekt verstanden werden. Vielmehr brauchst du solche Informationen, um auch in Zukunft profitieren zu können.
Ich bin vor kurzem auf deinen LinkedIn Post aufmerksam geworden bzgl. Print. Jetzt stellt sich mir die Frage: Wie siehst du den Print? Wie stellst du ihn dir in (eurer) Zukunft vor?
Ich bin der Auffassung, dass es für verschiedene Themenbereiche Print noch eine lange Zeit geben wird. Beispielsweise konsumiere ich zwar meine Tagesnachrichten und die neusten Schlagzeilen auf meinem Handy, aber wenn ich ein Buch oder eine Zeitschrift lesen will, bevorzuge ich eine gedruckte Version. Für unseren Verlag ist es wichtig, sowohl Print als auch Digital breit aufgestellt zu sein.
Man muss im Prinzip auch genau überlegen, wie die eigene Zielgruppe das Produkt konsumiert und dementsprechend handeln.
Damit kommen wir auch gleich zu meiner nächsten Frage, und zwar: Wie kommuniziert ihr mit eurer Zielgruppe?
Auf allen möglichen Wegen. Wir sind viel auf Messen und Veranstaltungen unterwegs und pflegen auch im Tagesgeschäft eine offene Kommunikation mit unserer Zielgruppe. Zudem sind wir in vielen Social-Media-Kanälen aktiv. Und zu allem kommt noch unsere große Leserbefragung, die wir jährlich durchführen. Diese streuen wir so weit wie möglich auch außerhalb unserer Kernzielgruppe, um anschließend eine bestmögliche Analyse betreiben zu können. Anhand dessen, können wir dann die Ausrichtung für das nächste Jahr festlegen.
Habt ihr Visionen für eure Ziele? Vielleicht gibt es auch ein paar Ziele, bei denen ihr euch bisher nicht sicher seid, wie das Ganze funktionieren oder aussehen soll?
Ja, auf jeden Fall. Vor allem im Hinblick auf die Digitalisierung.
„Die Digitalisierung ist ein kontinuierlicher Prozess, bei dem man immer am Ball bleiben muss. Wir dürfen nicht einfach an einem bestimmten Punkt aufhören.“ – Julia Ernst-Hausmann
Wir haben viele Ideen und arbeiten an Projekten, um unsere digitalen Angebote zu verbessern und zu optimieren oder das Zusammenspiel der Verlagsprozesse zu verbessern. Wir entwickeln uns ständig weiter und passen uns den Veränderungen im Lese- und Konsumverhalten unserer Kunden an.
Unser großes Ziel ist es, die zentrale Informationsquelle für alle am Modellbau Interessierten zu sein – gedruckt, digital und mit bewegten Bildern.
Eine weitere Vision ist es, ein besseres Image des Modellbaus nach außen zu bringen. Wir möchten erreichen, dass sich mehr und mehr Menschen für dieses kreative, bildende und inspirierende Thema, das so viel zu bieten hat, interessieren.
Also stimmst du unserem Slogan „Digitalisierung ist kein Projekt“ auch zu?
Auf jeden Fall. Ich denke auch, dass man im Digitalen viel ausprobieren kann, um zu schauen, was für das Unternehmen am besten funktioniert. Abhängig von der Zielgruppe funktioniert einiges im Bereich Digitalisierung, aber einiges auch nicht. Wir müssen den Mut für Fehler haben, um dann daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Digitalisierung ist kein Projekt, es ist vielmehr ein kontinuierlicher Weg, bei dem das Ziel nicht immer sofort sichtbar ist.
Dein Unternehmen ist bereits auf einem fortgeschrittenen Niveau. Kannst du vielleicht anderen Verlagen Ratschläge geben, die derzeit Schwierigkeiten haben?
Die Geschäftsführerin unterstreicht die Wichtigkeit, dass man in jeder schwierigen Situation offen für Neues sein muss.
Eine Möglichkeit, um sich mit anderen Verlagen auszutauschen und neue Ideen zu sammeln, besteht darin, an Branchenveranstaltungen und ähnlichen Events teilzunehmen. Das entscheidende ist jedoch, eine positive Einstellung und den Wunsch zu haben, Veränderungen herbeizuführen. Es ist wichtig zu erkennen, dass es so nicht weitergehen kann und sich Ziele zu setzen, um Schritt für Schritt neue Möglichkeiten zu erschließen.
Ein weiterer Tipp ist, die Vertriebs- und Kommunikationskanäle sinnvoll zu nutzen. Das kann beispielsweise durch den Einsatz von Newslettern oder Social Media erreicht werden, um das Unternehmen und dessen Produkte bestmöglich zu präsentieren und letztendlich mehr Umsatz zu generieren.
Eine weitere Möglichkeit ist die Einrichtung eines Onlineshops. Mit einem Onlineshop erweitert man seine Reichweite und bietet dem Kunden eine zusätzliche Option, um die Verlagsprodukte zu erwerben.
Vielen Dank für das Interview. Ich hoffe auf jeden Fall, dass wir in Kontakt bleiben. Ich finde die Verlagsbranche braucht vielmehr ein Miteinander als ein Gegeneinander. Das ist eines meiner Ziele. Die Leute aus unserer Branche zusammenzubringen, sodass wir dann gemeinsam durch Höhen und Tiefen gehen können.