Wie Special-Interest-Magazine noch erfolgreicher werden

Der Nischen-Content von Special-Interest-Zeitschriften passt in den Zeitgeist. Doch warum sind einige Special-Interest-Titel beliebter als andere und wie können Verlage erfolgreiche Special-Interest-Titel launchen?
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Sabrina Harper

Ein Gastbeitrag von Sabrina Harper.

Seit Jahren werden Produkte, egal ob inner- oder außerhalb der Medien, personalisiert. Special-Interest-Magazine sind zwar keine Personalisierung an die Leserschaft per se – denn dazu fehlt der ganz persönliche Bezug –, aber eine Vorstufe davon. Es verwundert also nicht, dass Nischen-Content, welcher ein bestimmtes Interesse bedient, in den Zeitgeist passt. Doch warum sind einige Special-Interest-Titel beliebter als andere und wie können Verlage erfolgreiche Special-Interest-Titel launchen?

Special-Interest-Magazine sind beliebter den je

Special-Interest-Magazine füllen die Lücke zwischen Fachmagazinen und Publikumszeitschriften. Egal ob Sport, Reisen, Kultur oder Haustiere – etwa ein Viertel der Magazinlandschaft widmet sich einem bestimmten Interessengebiet. Laut W&V sind Zeitschriften rund um das Thema Essen am auflagenstärksten, gefolgt von Do-it-yourself-Titeln und Computerzeitschriften. Während der Pandemie erlebten die Special-Interest-Magazine einen Schub und steigerten nochmals ihre Auflage. Als Grund kristallisierte sich unter anderem eine neue Häuslichkeit heraus. Verstärkt wurde der Trend, weil viele andere Beschäftigungen aufgrund der Beschränkungen während der Pandemie nur eingeschränkt möglich waren.

Zeitschriftenportfolio auswerten und Informationen einholen

Erfolgreiche Titel setzen nicht auf den Zufall. Am Anfang steht eine Datenauswertung und Befragung der Leserschaft. Statt sich auf den Wettbewerb zu fokussieren und sich in Nachahmungen zu versuchen, fischen smarte Verlage erst einmal im eigenen Teich. Gemäß der BCG-Matrix ergibt es Sinn, das eigene Portfolio zu entwirren. Welche Titel sind denn die Cashcows und Stars im Portfolio? Und wo liegen die armen Hunde begraben? Dieser Überblick liefert erste Hinweise für weitere Special-Interest-Ausrichtungen. In der Executive Summary New Perspectives des Media Lab Bayern heißt es: “Auch Zielgruppen, die man bereits adressiert, werden oft nicht mit allen für sie relevanten Themen bedient.” Genau hier liegt auch für Special-Interest-Magazine Potenzial. Denn es könnte gut sein, dass eine Weiterentwicklung der beliebtesten Titel einen Erfolg verspricht. Angenommen, ein Titel über Hunde ist das Zugpferd im eigenen Portfolio. Das bedeutet, dass bereits einige Leser:innen durch das Interessengebiet “Hunde” mit dem Verlag verbunden sind. Hier bietet sich inhaltlich passend ggf. ein weiterer Titel an, zum Beispiel “Reisen mit Hunden” oder “Trainingstricks für Hundeprofis”. 

Die BCG-Matrix

Die von der Boston Consulting Group eingeführte Matrix setzt relativen Marktanteil und Marktwachstum ins Verhältnis. Damit können strategische Ableitungen für die Gestaltung des Portfolios getroffen werden. Als Faustformel gilt: Poor Dogs aus dem Portfolio entfernen, Cash Cows voll ausreizen, Stars ausbauen und in Fragezeichen investieren.

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Die Leserschaft auch noch mal persönlich befragen

Neben der Auswertung des Portfolios ist die Befragung der Leserschaft wichtig. Verlage mit Direktvertrieb haben die Kundendaten im System und könnten eine Abfrage zu Themengebieten und Interessen versenden. Lediglich auf diesen Rücklauf zu setzen wäre allerdings zu eindimensional. Eine Kohorte sollte auch persönlich befragt werden. Denn häufig sind “Wunsch der Kundschaft” und “Bedürfnis der Kundschaft” nicht dasselbe. Angenommen, es kommt die Rückmeldung: “Ich wünsche mehr Information über Bitcoin” – dann kann das viel bedeuten. Geht es um die neusten Trends, Anlagestrategien oder die Währung als solches? Das Bedürfnis hinter diesem Wunsch kann lauten: Die Leser:innen interessieren sich für technologische Trends und Zukunftsthemen. Aber auch ein Interesse an alternativen Geldmärkten kann dahinterstecken. Daher erfahren Publisher immer mehr, wenn sie persönliche Nutzerbefragungen durchführen. So können Bedürfnisse gezielt identifiziert und für die Zeitschriftentwicklung abgeleitet werden.

Qualität generiert Wertschöpfung

Medienunternehmen, allen voran Verlage, stehen unter wirtschaftlichem Druck. Ein Reflex, um die Kosten überschaubar zu halten, ist “Redaktion runter – Anzeigenvertrieb rauf”. Doch das ist ein fataler Reflex. Dadurch wird ein Teufelskreis geschaffen, bei dem am Ende keiner profitiert. Leser:innen von Special-Interest-Magazinen haben eine gewisse Erwartung. Das Magazin verkauft sich nicht wegen des Papiers, sondern aufgrund des echten Interesses am Inhalt. Redakteur:innen müssen deshalb mit ihren Beiträgen echten Mehrwert liefern. Kaputt gesparte Redaktionen sind dazu nicht in der Lage. Wenn das Magazin aus Zeitdruck mit allgemeinen Artikeln aufgefüllt wird, welche in jeder anderen Publikumszeitschrift ebenfalls zu finden sind, dann wirkt das unglaubwürdig und beliebig. Also genau konträr zu dem, für das ein Special-Interest-Magazin steht. Ein guter Mix aus Qualität und Service ist hingegen praxistauglich. Je nach Heftstärke sollten mindestens ein bis drei fundierte Artikel der Leserschaft einen echten Mehrwert bieten. Durch diese Highlights kann sich ein Special Interest Magazin schon deutlich von der Konkurrenz abgrenzen. Selbstredend ist: je mehr fundierte Artikel, umso besser. Durch diese Abgrenzung wird der Titel für Leser:innen attraktiv, was sich gleichzeitig in den Verkaufszahlen und Reichweiten spiegelt. Das wiederum liefert die Argumente für die Preisgestaltung, zum Beispiel im Anzeigenvertrieb. 

Aufwärtsspirale statt Teufelskreis

Publisher sollten sich grundsätzlich von abteilungsspezifischem Silodenken verabschieden und vielmehr die Verzahnung zwischen Redaktion und Vertrieb, aber auch allen anderen Abteilungen nutzen. Dadurch können auch ganz neue Formen der Finanzierung geschaffen werden. Partnerschaften sind ein attraktives Finanzierungsinstrument. Eine Hundezeitschrift, die mit einem Tierbedarfhersteller kooperiert, könnte beispielsweise ein Erfolgsmodell werden. Der Tierbedarfhersteller ist von dem Hundemagazin überzeugt und schenkt der Kundschaft das Magazin als Beileger in Bestellungen. Der Publisher steigert gleichzeitig seine Reichweite und Auflage. Eine größere Reichweite legitimiert wiederum höhere Anzeigenpreise gegenüber anderen Anzeigenkund:innen. So entsteht statt eines Teufelskreises eine Aufwärtsspirale.

Communities einbinden und berücksichtigen

Ich kann es nicht häufig genug betonen: Ein separiertes Denken zwischen Print und Online ist heutzutage kaum mehr möglich. Vielmehr geht es darum, Communities dort abzuholen, wo sie sich aufhalten. Bei Special-Interest-Magazinen geht das primär über das Thema. Hier bieten sich Online-Foren und Community-Gruppen an. Ein Hinweis in einem Forum auf das Zeitschriftenportfolio ist allerdings zu wenig. Smarte Publisher bereiten spezielle Inhalte für Social Media auf. Diese sollten leicht zu konsumieren und schön für das Auge sein. Grafiken sind eine gute Möglichkeit. Ein Hundemagazin könnte beispielsweise mit Grafiken zu den beliebtesten Hunderassen punkten oder eine Slideshow zu “Das ist typisch für Hunderasse XY” ausspielen. Dazu kommt dann ein Call to Action, mit dem das Magazin direkt abonniert werden kann – und zwar als Ausgabe in Print oder als Online-Variante. Es ist sehr wichtig, eine Webversion anzubieten, um die Kund:innen direkt in ihrer Begeisterung für die Inhalte abzuholen. Heutzutage warten Kunden:innen nicht mehr darauf, dass zwei Tage später das Printheft im Briefkasten liegt. Online ist das Tor zu Printprodukten geworden. Digitalisierung sollte nicht als Feind angesehen werden, sondern vielmehr als ein kurzer, direkter Draht zur Leserschaft.

Inhaltlich setzen Verleger:innen besser auf ein Bottom-up-Prinzip. Die monodirektionale Ausspielung von Inhalten ist passé. Erfolgversprechender ist es, die Themen der Community zu nutzen, um sie in das Magazin zu holen. Social-Media-Plattformen bieten sich für eine kurze Interessenabfrage ab. Das geht heutzutage einfach und schnell über Social-Media-Kanäle. Das Argument, dass auf Social Media kaum Rückmeldungen zu erwarten ist, stimmt teilweise und hängt mit der monodirektionalen Sichtweise zusammen. Wer multidirektional arbeitet und auf Social Media regelmäßig mit der Leserschaft kommuniziert, bekommt auch regelmäßig eine Rückmeldung. Das heißt, vor leichten Abfragen über Social Media ist ein mühsamer, aber lohnenswerter Community-Aufbau nötig. 

Special-Interest-Magazine sind ein guter Output, um Leser:innen an sich zu binden. Das klappt dauerhaft aber nur, wenn man die Belange der Leserschaft berücksichtigt und tolle in Inhalte in ein modernes Kleid packt.  

Sabrina Harper leitete eine Redaktion mit Schwerpunkt Gesundheit und Fitness in einem Münchner Fachverlag. Seit 2020 ist sie beim Media Lab Bayern als Digital Communications Managerin tätig und hat eine eigene Kolumne in der Medien-Zeitschrift Meedia.

Sabrina Harper

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